Mittwoch, 27. Mai 2020

Sommer 2020

"Lang ist der Pfad und beschwerlich, der aus der Dunkelheit hinaus führt ans Licht - Teil 2"


Reminiszenz an das Zitat von John Milton aus meiner Frühjahrs - Prognose, welches auch zum Teil für den Sommer gelten dürfte. Zunächst aber, wie immer, eine kurze Verifikation der Frühjahrs-Prognose.


Die Abweichungen der Druckverhältnisse wurde folgendermaßen prognostiziert :

(C)NOAA

Und so präsentiert sich das Frühjahr abschließend betrachtet :


(C)NOAA

Ein wieder mal sehr gutes Ergebnis, allerdings hatte ich über dem westlichen Nordmeer im Bereich Island / Grönland weniger Hochdruck vernutet. Und genau diese Hochdruckanomalie sorgte, wie 2019, für einen eher kühlen Mai. Und diese Druckkonstellation zeichnet auch verantwortlich für die weitere Entwicklung, die auch weite Teile des Sommers beeinflussen könnte.

Die Sommer-Prognose gestaltet sich, wie schon 2019, schwierig. Denn die Zirkulation wurde - wie schon 2019 - durch ein sog. sehr starkes "Final Warming" der Stratoshäre nachhaltig verändert, darüber hinaus fand dieses Final Warming sehr spät statt und zog sich recht lange hin. Es begann Anfang April und dauerte bis fast in den Mai hinein an. Diese "Final Warmings" sind nichts besonderes, sie finden jedes Jahr statt und sorgen dafür, daß die athmosphärischen Strömungen auf Sommerzirkulation umstellen.

Aber, durch den anthropogen forcierten Klimawandel und den damit verbundenen starken Eintrag von CO2 und Aerosolen in die Athmosphäre, kommt es vor, daß ein solches Final Warming sehr stark ausfällt und, wie heuer geschehen, dazu noch von recht langer Dauer ist.

Und genau dies - stark und lang anhaltend - war heuer der Fall, wie man auf der grafischen Analyse der NOAA sehen kann :


(C)NOAA

Wie man sehen kann ist der Ausschlag des Final Warming heuer deutlich stärker als 2019 und länger anhaltend.

Dieses starke Final Warming sorgte schon wieder für eine starke Schwächung des Polarfrontjetstream:


(C)NOAA

Es zeigt sich aber eine Besonderheit : Ein starker Ast des Jetstream ausgehend von Grönland über Island und quasi fast ganz Europa von Nord nach Süd bedeckend. Und genau diese Besonderheit iniziierte viele Großwetterlagen mit Nordwest / Nord-Charakter, das lässt sich eindeutig in den Tabellen der Großwetterlagen ( wie bspw. unter www.orniwetter.info einzusehen, eine sehr sehr gute Seite! ) nachprüfen.


Wie stark sich dieser Ast des Jetstream auswirkte und immer noch auswirkt, lässt sich gut an den Druckabweichungen des Mai ablesen, die quasi eine Blaupause für das gesamte Frühjahr darstellen, eine ungewöhnliche Persistenz :


(C)NOAA

Nochmal : Daß die Druckabweichungen eines einzelnen Monats sogar für eine gesamte Jahreszeit stehen, ist ungewöhnlich - aber was ist in Zeiten der durch den Menschen katastrophal verstärkten Klimaänderung noch gewöhnlich?


Diese ungewöhnlichen Druckverhältnisse hier nochmal aufgezeigt durch die Darstellung des Jetstream :


 (C))squall.sfsu.edu

Über Europa ist der Polarfrontjetstream quasi nicht existent.


Und diese Umstände führten zur Bildung eines Dreierdruckfelds. Entsteht ein solches, bilden sich drei "Rücken", zwei Tiefdruckgeprägte im Bereich Island / Grönland und ein Hochdruckgeprägter über der Skandinavischen / Nordostrussischen Landmasse, teils reichend bis zur Nordsee. Desweiteren befindet sich - Sic! - ein Fragment des Jetstream im Bereich Britische Inseln. Arktische Kaltluft, angewärmt durch Meerwasser, geht nunmehr den Weg des geringsten Widerstands - in die Lücke, die zwischen dem Skandinavischen Hochdruck und einer Hochdruckbildung im Bereich Britische Inseln entsteht. Man bedenke bitte daß Hochdruckbildung über den Britischen Inseln ganz besonders im Sommer für alles andere als Warnmluft steht!

Ähnlich einer Viererwelle zeichnet sich auch ein Dreierdruckfeld durch eine starke Persistenz aus und es bedarf starker Warmluftadvektion um diese zu "brechen" und den Umbauprozess auf der Nördlichen Hemisphäre zu forcieren. Symptomatisch hierfür eine Darstellung der Druckverhältnisse auf der NH :

(C)Wetterzentrale

und zwar iniziert durch Warmluftadvektion an der Ostkanadischen Küste und direkt "gegenüber" im ostasiatischen Raum. Diese Warmluftadvektion hielt auch bis mitte Mai an, war aber nicht in der Lage, etwas signifikant an den Druckverhältnissen zu ändern :

(C)Wetterzentrale

Kommen wir zu den Anomalien der Wassertemps, diese sind wie immer sehr wichtig für die weitere Entwicklung.


Diese zeigen, daß sich im Bereich der Azoren recht warmes Wasser befindet, allerdings nördlich und auch östlich davon sehr kaltes Wasser, es wird quasi ein großer Bereich des mittleren Atlantik von eher kühlen bis sehr kaltem Wasser dominiert, auch dies eher ungewöhnlich für die fortgeschrittene Jahreszeit. Rund um Island und in Ri. Spitzbergen, also im subpolaren Raum, befindet sich recht warmes Wasser, ebenso südlich von Grönland. Der Bereich mit kühlem bis kaltem Wasser ist übrigens aktuell wesentlich kleinflächiger als 2019.

Daraus resultiert, daß das Azorenhoch sich zunächst weit nach Osten zurückzieht und aufgrund der magelnden Dynamik wenig Einfluss auf das Wettergeschehen in ME ausüben wird . Es sind dann zwar Gegensätze vorhanden, diese werden aber nicht stark genug sein um ein starkes atlantisches Blocking mit entsprechender Advektion von Heißluft herbei zu führen. Natürlich wird es dem Azorenhoch das ein-oder andere mal gelingen, einen Ableger Ri. ME zu iniziieren, stabil wird das ganze aber nicht. Ein rascher Wechsel von Vorder-und Rückseiten ist zunächst zu erwarten.

Die weiteren Entwicklungen dürften bis auf weiteres den Weg gehen, der solchen oben genannten Druckgebilden vorbestimmt ist, nämlich den Weg der Abtropfvorgänge in Ri. Iberische Halbinsel / Westeuropa / Mitteleuropa. Und je nachdem, wie sich solche Abtropfvorgänge in Form von Trögen präsentieren, wird entweder warm-heiße und auch feuchte Luft, oder auch eher kühl-feuchte Luft advehiert, manifestiert sich Hochdruck über Skandinavien / Nordost-Russland in Einheit mit Hochdruckbildung über den Britischen Inseln oder westlich davon ( Azorenhoch nördlich versetzt ), so entseht hier eine Lücke, in die arktische erwärmte Kaltluft wieder und wieder stoßen kann. Bis dieses Muster gebrochen wird, kann viel Zeit vergehen.

Das alles wird nicht zur Folge haben daß ME einenm kühlen Sommer entgegen geht, wohl kaum. Aber, der Weg zu stabilem Sommerwetter wird weit und steinig und dürfte sich bis weit in den Juli ziehen, bevor zur 2ten Dekade bzw. in der 3ten Dekade womöglich der Umkehrschwung eingeleitet wird - der dann aber auch ein paar "Anläufe" braucht um sich zu stabilisieren. Bis dahin dürften hauptsächlich Azorenhochkeile und Trogvorderseiten für sommerliche kurze Phasen sorgen. Es liegt in der Natur der Sache, daß sich Azorenhochkeile hauptsächlich im S/SW von D positiv bemerkbar machen.

Ich rechne mit folgenden Druckabweichungen :


(C)NOAA

Es dürfte sich also eine eher leicht antizyklonal ausgerichtete Achslage bilden, die leicht nördlich orientierte Frontalzone ist jedoch anfällig für Störungen bspw. an der Ostflanke im atlantischen Bereich. Diese Störungen können auch mal wechselhaftes, kühles Wetter zur Folge haben - das passiert in jedem Sommer und gehört zum Mitteleuroäischen Klima dazu - aber ebenso Trogentwicklungen wie oben angesprochen über West & Mitteleuropa, welche dann recht warm-bis heißes aber auch kühles Wetter iniziieren, je nachdem, wie sich entsprechende Troglagen platzieren. Dazu die oben angesprochenen Azorenhochkeile.

Desweiteren dürfte es aufgrund der vorab genannten Trogentwicklungen gut möglich sein daß heuer die Temperaturspitzen deutlich niedriger ausfallen als 2019, dazu ohne mehrere lang anhaltende Hitzewellen. Eine Charakteristik des Sommer 2018 bspw war ja, daß es eher selten zu Temperaturspitzen im Bereich 38° / 39° oder gar nahe an die 40° gab, so wie bspw. 2015 oder ganz besonders 2019.

Ein weiterer wichtiger Punkt wäre die Luftdruckentwicklung ausgehend von der letzten Juni - Dekade bis zum Ende der letzten Juli - Dekade. Verläuft diese Jahreszeitlich gesehen unterdurchschnittlich, so ist leider davon auszugehen daß dann die "Siebenschläferregel" greift. Es ist nicht der einzelne Tag an sich, der hier zu beachten ist, sondern nach Franz Baur ( Vater der Langfristprognosen ) der von mir angesprochene Zeitraum. Sind die Luftdruckwerte unterdurchschnittlich, so ist von einem komplett "durchwachsenen" Sommer auszugehen.

Bei den Großwetterlagen des Sommers dürften Gemischte Lagen und Meridionale Lagen überwiegen, zu nennen wären u.a. Brücke Mitteleuropa ( BM ), Hoch Britische Inseln ( HB ), Hoch Nordmeer-Island antizyklonal ( HNa ) Nordwestlage antiztyklonal ( NWa ) und  kurzzeitig Hoch Mitteleuropa ( HM ). Meridionale Trog & Tiefdrucklagen ( TrW, TrM, TB, TM ) dürften aber wie oben erwähnt ebenso häufig auftreten wie südlich/südöstlich orientierte Lagen ( SEa, SEz ), gemischte kühle Lagen ( bspw. NWz ), spielen auch eine Rolle weil sie für die typischen Einbrüche in einem Mitteleuropäischen Sommer stehen. Zonale Lagen wird es auch geben,  wahrscheinlich  schafft es die zonale GWL Westlage antizyklonal ( Wa ) sich durchzusetzen, die zyklonale Westlage ( Wz ) dürfte es ebenfalls schaffen eine größere Rolle zu spielen, evtl. könnte diese aber im späteren Verlauf des Sommers der Wegbereiter für eine ausgeprägte und recht durchgreifende Hoch / Spätsommer - Hitzewelle ( dann hervorgerufen durch die GWL SWa / SWz / HM ) sein.

Bei der Abweichung zur derzeit aktuellen Klimatologischen Referenzperiode 1961 - 1990 ist +1,5° bis +2,5° zu vermuten. Die große Bandbreite der Abweichung erklärt sich aus den vermuteten Trog&Abtropfvorgängen.

Quelle der NOAA - Plots :  https://www.esrl.noaa.gov/psd/map/
Quelle der SST - Anomalien : http://www.ospo.noaa.gov/Products/ocean/sst/anomaly/
Quelle des Jetstream : http://squall.sfsu.edu/crws/archive/jetstream_archive.html
Quelle der Wetterkarten : www.wetterzentrale.de