Dienstag, 28. November 2017

Winter 2017/2018 - An Trögen soll der Winter genesen.

In den vergangenen Tagen war bzw. ist eine interessante Entwicklung zu beobachten die man allerdings nicht als Blaupause für die kommenden Monate verwenden darf.

Gegenstand dieser Entwicklungen ist der in letzter Zeit gen Grönland und Island steil aufragende Hochdruck welcher zu einer kräftigen Troglage über Mitteleuropa führte. Daraus resultierte die Advektion kühler bis kalter Luftmassen aus polaren Breiten via Grönland.



Da diese Luftmassen aber über den sehr warmen Nordatlantik und die sehr warme Nordsee strömten - also letzlich maritime Luftmassen - büßten sie einiges an Kältepotential ein. Da sie aus Nordwest kamen war bzw. ist einiges an Wind mit im Spiel, was für eine gute Durchmischung der Luftmassen sorgt und die Bodentemperaturen um einiges höher ausfallen ließ als es die für die Jahreszeit recht kalten Luftmassen vermuten ließen.

Kommen wir aber nun zu den einzelnen Entwicklungen und was sie für die kommenden Monate bedeuten könnten.

ATLANTISCHE SITUATION

Wie oben erwähnt besteht derzeit sehr hoher Druck über den Azoren, was zu einer Aufsteilung hohen Drucks führte und eine Troglage iniziierte. Verursacht wurde dies durch sehr hohe Abweichungen der sonst üblichen Wassertemperaturen in Verbindung mit hohen Lufttemperaturen. Beides war stark Hochdruck-fördernd.



Wie aber nun ersichtlich ist haben sich die Wassertemps bereits deutlich abgekühlt.





Zwar sind die Lufttemps weiterhin recht hoch, im Zusammenspiel dürfte das aber für eine Abschwächung und spätere Normalisierung der Druckverhältnisse im Subtropischen Atlantik führen. Einfach gesagt wird sich das Azorenhoch früher oder später auf seinen angestammten Platz zurückziehen.


NÖRDLICHE HEMISPHÄRE / POLARWIRBEL

Im Gegensatz zum vergangenen Winter zeigt sich der Polarwirbel heuer relativ gesund und gut strukturiert, wenn auch leicht eliptisch geformt, ersichtlich ist dies v.a. durch eine recht niedrige aktuelle Ozonkonzentration.



Nochmal zur Erinnerung :

Um bspw. einen Polarwirbelsplit bzw. ein Major Warming zu stützen müsste via Jetstream verstärkter Eintrag von Ozon in die untere Stratosphäre stattfinden, dort wird dann vemehrt UV-Licht absorbiert, Folge -> Erwärmung der unteren Stratosphäre. Und da ein Ozonfluß von der Stratosphäre in die Troposphäre stattfindet, müssten sich Veränderungen dann in einem erhöhten Ozongehalt der Troposphäre äußern. Da Ozon eine recht hohe Materiedichte aufweist begünstigt dies eine große Erwärmung der Umgebung.

Darüber hinaus wird vermutet, daß die Stratosphäre mittels Dissipation von Wellen zumindest passiv an Veränderungen der Troposphäre beteiligt ist.

Zwar ist die Sonneneinstrahlung der NH im Winter deutlich reduziert, was vordergründig gegen einen Abbau von UV-Licht durch Ozon und eine Erwärmung spricht, für die untere Athmosphäre ( Troposphäre ) trifft das wohl so zu, nicht aber für die obere Athmosphäre ( Stratosphäre ). Dort ist genug UV-Strahlung vorhanden, wie auch ein recht hoher Ozongehalt.

In der Troposphäre bspw. entsteht Ozon dann hauptsächlich durch Spaltung von Stickoxiden, während es weiter oben durch Spaltung von Sauerstoffatomen durch die angesprochene UV-Strahlung entsteht. Erst zum Hoch & Spätwinter hin ( Januar / Februar ), wenn die UV-Strahlung auch in den "unteren" Stockwerken der Athmosphäre zunimmt, sind große Erwärmungen möglich die zu einem Zusammenbruch des Polarwirbel führen. Fällt eine solche Erwärmung aber bspw. spät in den Februar, so ist dann durchaus möglich daß diese bereits das sog. "Final Warming" darstellt. Nach einer solchen Erwärmung erholt sich der Polarwirbel nicht mehr und es erfolgt die Umstellung auf Frühjahrs & Sommerzirkulation, was aber nicht unbedingt einhergeht mit entsprechend mildem Wetter.Auch eine große Erwärmung, ein Major Warming mitte / Ende Februar, ist kein Garant für nachhaltig kaltes Winterwetter. Eher ist dann von einer kalten bis sehr kalten Phase von wenigen Tagen bis hin zu 1 Woche auszugehen.

Wie man oben sieht befindet sich die Ozonkonzentration in einem relativ niedrigen Bereich was für Kälte und gegen eine Erwärmung spricht.

Und die Prognosen der Ozon-Abweichungen von Klimatologischen Mittelwert zeigen ebenfalls keine evtl. Erhöhung der Ozonwerte direkt über der Arktis.





Via Polarwirbel sind derzeit keine Kaltlufteinbrüche zu erwarten. Allerdings ist der Polarwirbel samt seinem Kältepotential derzeit in seiner Ausdehnung recht weit zurückgezogen, es fehlt an Kaltluft um die Frontalzone zonal zu beeinflußen, also die Iniziierung der sog. "Westdrift" zu starten. Dazu passt, daß die Breitengrade 60N bis 90N ca. 3° zu warm sind. Allerdings dürfte die Entwicklung des Polarfrontjetstream hier recht bald eine Änderung herbeiführen.

POLARFRONTJETSTREAM & EURASIEN

Dieser mäandrierte in der vergangenen Zeit sehr stark, was die Meridionalisierung der Großwetterlage zur Folge hatte





deutlich zu sehen am "abbiegen" des Jetstream im Grönländisch-Isländischen Bereich



allerdings strukturiert sich der Jetstream aktuell neu



denn es dürfte sich Kaltluftadvektion aus dem Sibirischen Raum via Polarfrontjetstream in R. Nordpazifisches Beringmeer und damit auch den Aleuten einstellen, was die dortige Tiefdruckentwicklung stärken würde und entsprechende Auswirkungen auf den weiteren sich normalisierenden Verlauf des Polarfrontjetstream hätte. Schon seit einigen Jahren wird auf die Wechselwirkung des Aleutentief zum Islandtief hingewiesen.

Denn das stärkste Kaltluftpotential befindet sich derzeit weit östlich im Sibirischen Raum, gut zu sehen auf den gemittelten Karten der NH von EZ und GFS



Da der Jetstream, wie oben zu sehen, über dem Sibirischen Raum in recht geordneten Bahnen verläuft dürfte oben beschriebene Entwicklung bald eintreten.

Was aber ebenfalls zu sehen ist : An der Ostküste der USA und Kanada befindet sich relativ wenig Kaltluftpotential. Dieser Umstand sorgt dafür, daß die Tiefdruckproduktion vor Neufundland eher schwach verläuft.

Zwar wird, wie weiter oben beschrieben, das aufsteilen des Hochdrucks gen Grönland / Island durch die Abkühlung des Meerwassers unterbunden, jedoch auch die Tiefdruckproduktion bei Neufundland durch wenig Kaltluftpotential. Somit dürften Trogentwicklungen eher "retrograd" verlaufen, also mit einer gekippten Achslage



Kommen wir zur Eurasischen Schneebedeckung. Diese zeigt ein deutlich verändertes Bild im gegensatz zu 2016



denn damals war die Schneefläche sowohl radialsymetrisch ( entlang der Längengrade von Ost nach West) als auch exzentrisch ( entlang der Breitengrade von Nord nach Süd ) ausgedehnt, was sowohl Zonale als auch Meridionale Großwetterlagen begünstigte. Beides ist heuer weniger stark ausgeprägt, was auch zu einer abgeschwächten Entwicklung beider Großwetterlagen führen dürfte. Es kann sich quasi keine markant durchsetzen, ich sehe also den Hauptateil bei den GWL sowohl bei Zonalen als auch Meridionalen Wetterlagen.

Blicken wir abschließend auf die Kaltluftverteilung

(C) : Karsten Haustein

Wie man sieht befindet sich bspw. östlich wenig bis keine Kaltluft. Nördlich gibt es etwas Potential über Finnland und Schweden, aber diese Luftmassen müssten bei entsprechender Großwetterlage über die Nord- und Ostsee, diese sind aber beide, wie weiter oben erwähnt, sehr warm.

Die Ostsee hat einen relativ hohen Süßwassereintrag und eine relativ niedrige Verdunstungsrate. Der im Gegensatz zu anderen Meeren eher niedrige Salzgehalt ist hauptsächlich in Tiefen bis zu ca. 70m vorzufinden. Dieses Wasser ist dann tatsächlich kalt, um die darüber liegenden wärmeren Schichten - Salzwasser hat einen niedrigeren Gefrierpunkt als Süßwasser und ist deswegen kälter - abzukühlen bräuchte es eine gewaltige Durchmischung.

Es braucht also eine Durchmischung der Wassersäule. Mit Wind bspw. Das ist aber nur in sehr seichten, stehenden Gewässern möglich, nicht jedoch bei fließenden Gewässern mit entsprechend hohen Fließgeschwindigkeiten.

Wie stark also eine Wasserberfläche aufgeheizt oder abgekühlt wird, hängt also davon ab, wie viel der eingetragenen Wärme in die tieferen Wasserschichten transportiert bzw. wieviel Kälte nach oben getragen wird. Für diesen Prozess ist vor allem der Wind verantwortlich.

Da aber ein Fließgewässer -> Meer über entsprechend große Turbulenzen verfügt bleiben die Temperaturen relativ konstant, es ist bekannt daß die Oberflächentemperatur der Meere in wesentlich geringerem Umfang variiert als die Temperaturen des Festlandes.

Wenn man sich nun vor Augen führt daß die Ostsee derzeit um 2° bis fast 3° zu warm ist, und wenn man nun die spezifischen Besonderheiten der Ostsee, die ich oben angeführt habe, bedenkt, dann sollte klar sein daß ein wie auch immer gearteter Abkühlungseffekt des Festlands mithilfe von Luftmassen die über die Ostsee ziehen eher schwierig zu realisieren ist.

Kaltlufteinbrüche sind daher bis auf weiteres nur via Grönland und Island möglich, und diese werden, wie weiter oben beschrieben, weiterhin abgeschwächt. Milde Vorder-und kühle bis kältere Rückseiten dürften sich oft abwechseln.

Es ist daher von einem milden, aber recht ungemütlichen, nassen und teilweise sehr stürmischen Winter auszugehen, denkbar wäre eine Abweichung von +0,5° bis +1,5° zur International gültigen Klimareferenz-Periode 1961 - 1990. Bei den Großwetterlagen dürften Gemischte und Meridionale Lagen im Vorteil sein, zu nennen wären Trog West & Mitteleuropa, Brücke Mitteleuropa, Nordwestlage Antizyklonal / zyklonal. Zonale Lagen wird es aber auch geben, das gehört zum Mitteleuropäischen Winter dazu. Wie immer sei aber gesagt daß es auch sehr kalte Lagen geben kann, v.a. im Hoch & Spätwinter ( 2te und 3te Januar-Dekade und 1te Februar-Dekade ) , milde bis sehr milde Lagen kann es jederzeit im Winter geben, zu nennen wären hier Großwetterlagen wie Westlage zyklonal und Südwestlage antizyklonal.


Quellen der Bilder :
www.wetterzentrale.de
http://squall.sfsu.edu/crws/archive/jet_nh_arch.html
http://es-ee.tor.ec.gc.ca/e/ozone/Curr_map.htm
http://www.karstenhaustein.com/climate
http://www.climate4you.com/SnowCover.htm
www.tropicaltidbits.com