Donnerstag, 2. September 2021

Herbst 2021

Kommen wir gleich zur Sache und ich will gar nicht lange drum herum reden : Die Sommer-Prognose ist in großen Teilen daneben gegangen. 

Angefangen bei den Druckabweichungen, die ich folgendermnaßen prognostizierte : 

(C)NOAA

Die Abweichungen fielen allerdings so aus : 

(C)NOAA

Einzig die Hochdruck-Anomalie im Isländischen Bereich bis West-Russland wurde richtig prognostiziert, auch die Tiefdruck-Anomalie im arktischen Bereich, ansonsten ein dürftiges Ergebnis. 

Bei der Beurteilung des Sommer lag ich ebenso falsch. Dieser verlief nicht "gradlinig und schnörkellos", ganz im Gegenteil. Gut, wenn man es sarkastisch sieht könnte man sagen, dieser Sommer war in seiner Wechselhaftigkeit gradlinig, von dieser wich er nämlich kaum ab. Stabile Schönwetterphasen Mangelware, in manchen Regionen fielen diese ganz aus. Selbst im Juni, der von allen 3 Sommermonaten der wärmste war, wurden Schönwetterphasen immer wieder von heftigen Gewitter&Starkregenereignissen unterbrochen. 

Unvergessen die Flutkatastrophe in Westeuropa, betroffen waren u.a. Belgien, Niederlande und besonders stark in Deutschland mit Rheinland-Pflaz und Nordrhein-Westfalen. Die Schäden, die die Unwetter verursachten, gehen in die Milliarden, es wird Jahre brauchen bis der Wiederaufbau abgeschlossen ist. Hunderte Menschen sind gestorben, mein aufrichtiges Beileid an die Angehörigen.

Diese Unwetter waren Ursache der vom Menschen katastrophal verstärkten Klimaänderung, denn aufgrund dieser werden heftige Starkregenereignisse immer stärker und die vom Menschen zum Nachteil veränderte Natur - Stichwort Flächenversiegelung und unzureichende Ablaufflächen für Niederschlagswasser - kann die Wassermassen nicht verkraften, welche das Ergebnis der energiereichen Luftmassen aufgrund steigender Temperaturen sind!

Auch bei den vermuteten Großwetterlagen kein gutes Ergebnis : 

Bei den Großwetterlagen des Sommers dürfte es einen Mix aus Gemischten, Meridionalen und Zonalen Lagen geben, wobei ich den "Vorteil" eher bei den beiden erstgenannten vermuten würde. Zu nennen wären Brücke Mitteleuropa ( BM ), Südwestlage zyklonal ( SWz ), Nordwestlage antizyklonal ( NWa ), Westlage zyklonal ( Wz ) und evtl. kurzzeitig Hoch Mitteleuropa ( HM ). Meridionale Trog & Tiefdrucklagen ( TrW, TrM ) dürften aber wie oben erwähnt ebenso auftreten, gemischte kühle Lagen ( bspw. NWz) werden heuer eine untergeordnete Rolle spielen, sie alle stehen für die typischen Einbrüche in einem Mitteleuropäischen Sommer. Eher nördliche Lagen wie HNz, HNa und HFa sollten aufgrund der vermuteten Druckabweichungen auftreten. Die oben angesprochene zyklonale Westlage ( Wz ) könnte im späteren Verlauf des Sommers der Wegbereiter für eine Hoch / Spätsommer - Hitzewelle ( dann hervorgerufen durch die GWL SWa / Wa / HM ) sein, wobei ich heuer davon ausgehe, daß es evtl mehrere aber nur kurze Hitzewellen geben wird. Hitzetage wird es natürlich geben, sie gehören mittlerweile zum Sommer in ME dazu.

Die vermuteten GWL HM, BM, SWz und SWa waren überhaupt nicht existent, Wz und Wa nur für ein paar Tage. Trog-und Tiefdrucklagen waren die dominierenden GWL-Typen, diese hatte ich zwar erwähnt, aber vermutet, daß sie gleichberechtigt zu den anderen auftreten. 

Natürlich gab es Regionen, in denen der Sommer recht gut verlief, sogar etwas zu trocken ( Deutschlandweit gesehen war der Sommer allerdings zu nass und zu trüb ) aber meine Prognose bezieht sich ja immer auf Mitteleuropa, die Prognose auf Regionen aufzuteilen würde den Platz sprengen. 

Einzig bei der Abweichung lag ich richtig. Nach der International gültigen Klimareferenz-Periode für Jareszeiten 1961 - 1990 fiel der Sommer um +1,6° zu warm aus, vermutet hatte ich +1° bis +2°, und selbst nach der neuen Klimareferenz-Periode 1991-2020 für monatliche und jährliche Meteorolgische Beurteilungen ergibt sich noch ein kleines Plus von +0,3°. 

Das ändert aber nichts daran daß die Prognose wie erwähnt daneben gegangen ist! Kommen wir aber nun zum Herbst. 

Diese Jahreszeit ist aufgrund der großen Variabilität der Luftströmungen und Wassertemps ( während es auf der NH in den Herbst geht beginnt auf der SH das Frühjahr ) sehr schwierig zu prognostizieren, fast schon eine undankbare Aufgabe, genauso wie das Frühjahr.

Wie immer, wenn es in Richtung Herbst geht, die übliche Anmerkung, daß es Jahreszeitlich bedingt besonders ab Ende September zu immer mehr Kaltluftausbrüchen via Nördliche Hemisphäre kommt, dann beginnt die Polarnacht. Das aufeinandertreffen dieser Kaltluft auf das sehr warme Wasser im arktischen Bereich und des Nordatlantik würde normalerweise viel Tiefdruck zur Folge haben - Nota Bene : Starke Gegensätze sind Tiefdruckfördernd, schwache Gegensätze Hochdruckfördernd - allerdings muss man anmerken daß durch den anthropogen forcierten Klimawandel die Lufttemperaturen der Arktis ebenfalls stark angestiegen sind. somit verringern sich die Gegensätze und Tiefdruck hat es dadurch schwerer sich zu bilden.

Blick auf die Anomalien der Wassertemperaturen :  


 (C)NOAA

Auffällig sind die durchweg hohen Wassertemps in den für Europa relevanten Gebieten. Tropischer, mittlerer, nördlicher Atlantik, Davis-Straße&Baffin-Bay ( Grönland ), alle weisen hohe bis sehr hohe positive Abweichungen auf. Einzig in der Barentssee südlich von Spitzbergen findet sich kaltes Wasser.  Ob nun die bevorstehenden Kaltluftausbrüche via NH dafür sorgen werden daß nun weitere Kaltluft in den mittleren Atlantik befördert wird ( aufgrund der Drehrichtung der Tiefdruckgebiete links herum ) und eine durchgreifende Zirkulationsänderung in Gang bringen, darf - zunächst - angezweifelt werden . Da sich, wie erwähnt, auch im Subtropischen Atlantik rund um die Azoren sehr warmes Wasser befindet, dürfte sich Hochdruck hier etwas mehr nach Süden ausdehnen, mit zyklonalen Strukturen, eine Süd/Südwestliche Strömung wäre zunächst die Folge. 

Ebenso auffällig sind wieder die Anomalien der Wassertemps im mittleren und nördlichen Pazifik, also vor den Westküsten der USA und Kanada bis nach Alaska hinauf. Hier scheint es auf einen neuerlichen Rekord der Anomalien hinaus zu laufen, im Herbst 2018 gab es ähnlich hohe Anomalien, diese resultierten dann in deutlich dominanten GWL-Typen der Zonalen und Gemischten Zirkulation, da sich dadurch das Aleutentief stärkt, welches über den Jetstream direkte Auswirkungen zum Islandtief hat. Aber auch diese Entwicklung dürfte, so sie denn anhält, sich erst recht spät auswirken.

Blicken wir auf den Jahreszeitlich bedingt immer wichtiger werdenden NAO-Index, welcher die Druckdifferenz zwischen dem Islandtief im und dem Azorenhoch darstellt.

Gut zu sehen ist, daß sich der NAO-Index von Juni bis mitte August fast durchweg im leicht positiven Bereich befand, sich aber dennoch Meridionale Trog&Tiefdrucklagen in ME durchsetzten. Dies ist dem Umstand geschuldet, daß wir es bis dato mit einem sog. "Greenland-Blocking" zu tun hatten, also sehr hoher Druck über Grönland, wo der Druck sowieso schon sehr hoch ist. Dies führte zu einer deutlich südlich versetzten Frontalzone, sehr viel weiter als zum gleichen Zeitraum 2020 :

(NOAA)

Aktuell scheint es als ob die Dominanz des Hochdrucks über Grönland schwindet und sich gen Island / Britische Inseln konzentriert, gleichzeitig sinkt über Skandinavien der Druck, evtl. ist dies wegweisend für den weiteren Herbstverlauf, denn es könnte zunächst zu Hochdruckbildung im Bereich der Britischen Inseln kommen die dann von verstärkten Tiefdruckentwicklungen des Atlantik abgelöst wird:

(C)NOAA

Wie schon 2020 ist 2021 eine sehr starke atlantische Hurrikan-Saison zu erwarten. Wird ein Ex-Hurrikan / Tropischer Sturm als Tiefdruckgebiet in die Westwindzirkulation eingebunden, ist eher wechselhaftes Wetter zu erwarten. Wird eine eher Südlich / Südwestliche Zugbahn eingeschlagen, dann werden warme bis sehr warme subtropische Luftmassen advehiert und ein Azorenhochkeil unterstützt. 

Das wäre, wie zonale Lagen im Hochsommer, ein sog. "Türöffner" für sehr warmes aber eher unbeständiges Wetter, verursacht bspw. durch die GWL SWz. Allerdings hat dies im zurückliegenden Sommer nicht "gezündet", allerdings war hier kein Hurrikan zugegen der die Zirkulation entsprechend durcheinander hätte bringen können.

Zwar steht eine starke Hurrikan-Saison nicht dafür, Gemischte und zonale Lagen zu begünstigen, man muss aber den anthropogen verstärkten Klimawandel beachten, denn die stetige und starke Erwärmung v.a. auf der Nördlichen Hemisphäre scheint dafür verantwortlich zu sein, daß sich heuer die Frontalzone eher gen Mitteleuropa bzw. südlicher als üblich orientiert, siehe den Plot der Frontalzone weiter oben. Und aufgrund dieses Umstands kann es nun möglich sein, daß Ex-Hurrikane dennoch als Tiefdruckgebiete in die Westwindzirkulation eingebunden werden. "Normalerweise" sorgt eine schwache atlantische Hurrikansaison dafür, daß die Stürme auf den offenen Atlantik umgeleitet werden und entsprechendes Wetter in Europa iniziieren. 

Blicken wir nun auf die Abweichungen der Luft-Temps auf der NH des vergangenen Sommer, man erkennt leicht positive Abweichungen hauptsächlich über Grönland, aber besonders an der Ostküste der Davis-Straße in Kanada war es im zurückliegenden Sommer recht kalt :

(C)NOAA

Dieser Umstand führte zu einer im Vergleich zu den vergangenen Jahren leicht abgeschwächten Schmelzrate der NH. Eine eher abgeschwächte Schmelzrate des Schnees würde etwas weniger Süßwassereintrag in den Labrador-bzw. Neufundlandstrom bedeuten, dadurch etwas bessere Voraussetzungen für Tiefdruckbildung im Bereich Neunfundland, der Geburtststätte der Atlantischen Tiefs. Tiefdruckbildung vermute ich desweiteren resultierend aus Ex-Hurrikans die wie oben beschrieben in die Westwind-Zirkulation eingebunden werden könnten. Hier die Anomalien der Schnee-Schmelzrate der NH von Juni und Juli:

 

(C)RUTGER SNOW LAB

Ein Blick auf den Jetstream, auch hier zeigt sich daß die Zeiten des Grönland-Blocking evtl. gezählt sein könnten, wenngleich es noch viel Zeit brauchen dürfte bis sich der Druck über Grönland normalisiert hat. 

Der bis dato weit nach Norden ausgreifende Jetstream verläuft nun via Island und Skandinavien

(C)METEOCIEL

 Mit folgenden Druckabweichungen könnte im Herbst zu rechnen sein :


 (C)NOAA 

Daraus resultierend dürfte es, wie im Sommer, hauptsächlich zu Gemischten und Meridionalen Lagen kommen, allerdings mit Vorteil bei den Gemischten Lagen. Zonale Lagen könnten aber in "Lauerstellung" liegen, hier muss abgewartet werden wie sich die Hurrikan-Saison auf die Zirkulation auswirkt. Bei den Großwetterlagen sind BM, HM, NWa, SWz, HNz, HB, HFz, TrW, TB zu erwarten, ferner evtl. Wz, Wa und WW.

Die Abweichung zu 1961-1990 ( Klimareferenzperiode für Jahreszeiten ) dürfte +1,5° bis +2,5° betragen, zu 1991-2020 +0,5° bis +1°.  

Quelle der Grafiken : 

https://psl.noaa.gov/data/histdata/
https://www.meteociel.fr/
https://climate.rutgers.edu/snowcover/
https://www.ospo.noaa.gov/Products/ocean/sst/anomaly/
https://www.cpc.ncep.noaa.gov/products/precip/CWlink/pna/nao.shtml
 
Text : (C)Kurt Hansen, Arrondissement Perpignan, Region Occitanie, Departement Pyrénées-Orientales, France.